Tagesbericht
Törn: 197.21
Datum: 21.04.2021
Mittagsposition: 53°59‘77N
007°50‘26E
Das Wetter: bewölkt, mit sonnigen Abschnitten, aufbrisender Wind aus Nord
Titel/Überschrift: Land in Sicht
Ein letztes Mal heißt es heute im Drei-Wach-System antreten. Heute früh um 4h ist es bannig kalt an Deck. Der Wind hat deutlich aufgebrist. Die Segelflächen wurden schon verkleinert und ein achterlicher Wind schiebt uns beständig auf die Wesermündung zu. Es gibt heute Morgen Sternschuppen zu bewundern. Schnell einen innigen heimlichen Wunsch in den Kosmos schicken (ich meine aber behaupten zu können, dass sich der allergrößte Wunsch bei den meisten momentan sehr ähnelt).
Heute lernt meine Wache das Takeling und das Spleißen von Tampen, was sehr wichtig ist, um alle Taue und Schoten in Schuss zu halten. Ich bekomme nach meinen Übungstampen sofort an Deck einen Stopper gezeigt, an dem ich mein neu erworbenes Wissen anwenden kann. So werden viele von uns Trainees am Freitag mit dem stolzen Gefühl von der Alex II klettern und die einzelnen Stellen am Schiff genau erinnern, an welcher Strickleiter, an welchem Fall repariert, getakelt oder bekledet wurde. Die Alex II im gesamten zu pflegen und alles funktionsfähig zu erhalten ist eine Sisyphusarbeit, der alle mit unfassbarer Hingabe nachkommen.
Währenddessen zaubert Oskar in der Kombüse heimlich eine Meistertorte für unser heutiges Geburtstagskind Thorsten, die zur Kaffeezeit auf von Uschi liebevoll maritim eingedeckter Tafel und mit einem zünftigen 7-3-1-Gruß serviert und bewundert wird. Selbstverständlich prangt ein Bild der Alex II in der Mitte von diesem Wunderwerk aus Sahne-, Kirsch- und Mandelschmaus. Thorsten, der sein Wiegenfest eigentlich verheimlichen wollte, ist dieses Unterfangen leider missglückt. Denn schon bei der Wachablösung seiner Wache, greift Tom zur Ukulele und alle bringen ihm ein Ständchen. Spätestens ab dem Zeitpunkt sind dann alle im Bilde! Happy birthday Thorsten!
Wie sollen wir es nach Torte satt jetzt noch in die Takelage hoch schaffen, wo mehrere Rahsegel aufs Packen warten? Mittlerweile haben wir nämlich die Wesermündung erreicht. Es grüßt der ‚Rote Sand‘ und die Alex II fährt unter Motor. Unter erschwerten Bedingungen mit Kiloweise Torte im Bauch und kräftig Wind von achtern, der die Segel beim Falten immer wieder ausweht, schaffen wir es, alle Rahsegel formschön einzupacken, wie uns die Toppsis im Anschluss versichern. Und so beobachten wir gespannt das Ankermanöver in Blexen, wo wir heute Nacht auf Reede liegen und geschützt den Starkwind abwettern. Es sind bis zu 7 Windstärken für heute Nacht angesagt. Alle, die Ankerwachen übernehmen, sollten sich eine Schicht mehr anziehen!
Nach einer Woche auf See, muss ich mich erst einmal wieder daran gewöhnen, dass man wieder Land sieht, aber noch ist es zu früh für den Abschiedsblues, denn es warten noch eineinhalb spannende Tage auf uns. Ich bin gespannt!
(noch einmal Ina)