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06.06.2022 – wenden und warten

Tagesbericht, Montag 06.06.2022

 

Gerne erinnere ich mich an meinen zurĂŒckliegenden Segeltörn vor drei Jahren zurĂŒck: Malaga-Menorca im Hochsommer. Leider war uns seinerzeit nahezu kein Wind vergönnt, weshalb fast ausschließlich mittels Motor der Vortrieb fĂŒr das Schiff erfolgen musste. So wollte ich das “nicht stehen lassen“ und entschloss mich, an einem weiteren Törn teilzunehmen, um Segelbetrieb leibhaftig erleben zu können. Nach zwei Jahren war dazu endlich die Zeit gekommen – ob mir das Leben auf der Alex-2 erneut gefallen wĂŒrde?

Unsere Alex erwartete mich mit ihrer majestĂ€tischen Gestalt zur Einschiffung im Hafen von TravemĂŒnde. Bereits mit dem ersten Fußtritt auf ihr Deck fĂŒhlte ich mich wieder zu Hause. Schnell waren die ersten Kontakte zu Stamm-Crew und Trainee’s geschlossen. Die Kammer war zĂŒgig bezogen – die kompakten RaumverhĂ€ltnisse waren mir schließlich noch bekannt. Noch am gleichen Abend stachen wir in See.

Heute sind wir nunmehr drei Tage in der Ostsee unterwegs. “Und was soll ich sagen“ – der Segeltörn hat sich bereits schon jetzt gelohnt: Der Teamgeist stellte sich bereits in den ersten Wachdiensten ein – so intensiv, wie bei keiner anderen Gelegenheit in einer Gruppe von Menschen. Segel setzen, Rahen brassen, Tampen auf NĂ€gel belegen – an all das konnte ich mich erinnern und die Kenntnisse darĂŒber mit ErlĂ€uterungen unseres Toppsi weiter vertiefen. Ein erhabenes GefĂŒhl stellte sich ein, RudergĂ€nger zu sein und mit dem Steuer in der Hand wieder die Alex-2 gefĂŒhlvoll zu lenken. Herausragend sind natĂŒrlich die TĂ€tigkeiten im Rigg: nach den ersten Tritten wird jeder Schritt in den Wanden sowie auf dem Fußpferd, einem Seil auf dem ich mit den FĂŒĂŸen stehe, um die Segel an den Rahen zu bedienen, sicherer. Nach Anspannung der ersten Male im Rigg ist es jetzt sogar genussvoll, in luftiger Höhe die Zeit auf den Rahen mit beeindruckenden Blicken auf das Deck unserer grĂŒnen Lady und das GewĂ€sser rund um ihren Rumpf zu verbringen. So war der Segelbetrieb der ersten zwei Tage bereits ereignis- wie lehrreich, vollzog sich jedoch eher in geradliniger Richtung. Heute sollte sich das Ă€ndern!

Der Wind kĂŒndigte sich als optimal an, um nicht nur zu halsen, sondern auch eine Wende durchzufĂŒhren. Wenden, Halsen? Diese Begriffe sind mir nicht mehr fremd, da mich der “grĂŒne Virus“ derartig infizierte, dass ich nach dem letzten Törn den Segelschein absolvierte. Und wenden mit einer Jolle? Ach, kein Problem, funktioniert ja fast von alleine. Nach der Vermittlung der Grundlagen durch unsere Toppsis erkannte ich jedoch schnell, dass dies mit einer Bark wie der Alex-2 eine deutliche Herausforderung ist. Alles muss zuverlĂ€ssig gelingen, um den Bug tatsĂ€chlich durch den Wind zu bringen. Vorstengestag auf Back, Besan hilft, das Schiff den richtigen Ruck zu geben und Fock und Großsegel mĂŒssen in exakt vorgegebener Reihenfolge gebrasst werden. Gut, dass unsere Toppsis dies alles im Überblick behalten, wenngleich auch ihnen eine gewisse Anspannung im Gesicht stand. FĂŒr unsere Wende packten alle an – “all hands“, um die verschiedenen Verrichtungen zeitlich optimal durchzufĂŒhren. Und tatsĂ€chlich, zwar gefĂŒhlt schwerfĂ€llig, aber dennoch geschmeidig gelang die Wende, und sogar ein zweites Mal! Die HĂ€nde klatschen – “give me five“ – wir sind mit unserer Leistung zufrieden! Stolz sitzen wir in der Messe, und lassen die Details der Wende bei guter Kost Revue passieren.

So bin ich abermals beeindruckt vom Segeln mit der Alex-2. Es war tatsĂ€chlich die richtige Entscheidung, einen weiteren Törn wahrzunehmen. Und bereits zu seiner Halbzeit bin ich mir sicher, dass es nicht der Letzte sein wird. Nun liegen wir aber zunĂ€chst auf Anker vor einer der Inseln DĂ€nemarks und warten auf angekĂŒndigten SĂŒdwind, um das Segeln morgen fortzusetzen.

 

Trainee Michael