Törn: 103.21
Datum: 09.02.2021
Mittagsposition: φ 54° 36,3 ́ N λ 011° 16,4 ́ E
Das Wetter: Windig und stürmig, verbunden mit Schneefall
Mein Tag begann wie jeder Tag auf See, als wir pünktlich um 00:00 Uhr abgelöst wurden. Normalerweise beendeten wir jede Wache noch mit einem kühlen Feierabendbier in der Messe, doch dieses fiel für mich heute leider aus. Ich war froh ins Bett zu dürfen nach meiner Ablöse und bin sofort eingeschlafen. Diese Wache von 20:00 bis 24:00 hatte echt seine Spuren hinterlassen.
Schon am späten Nachmittag des gestrigen Tages, nachdem wir Kopenhagen hinter uns gelassen hatten und uns auf Heimatkurs begeben haben, wurde die See merklich rauer. Vor allem im Vergleich zu den letzten Tagen war es eine extreme Steigerung, die viele meiner Kameraden wohl überrascht haben muss.
Als ich mich auf meine Wache vorbereitete merkte ich schon wie langsam ein mulmiges Gefühl in meinem Magen aufkam; mir ging es wohl wie vielen Kameraden. Die See hatte deutlich zugenommen, drei bis vier-Meter-Wellen prallten auf uns ein. Als ich hochging aufs Mitteldeck, um meinen Toppsgurt anzuziehen, hob und senkte sich das Schiff, man wurde wortwörtlich den Niedergang hinaufkatapultiert.
Nach der Wachablöse wurde die See vielen zum Verhängnis, einige Kameraden mussten auf den Bock, weil es nicht mehr anders ging. Der Rest der Wache klammerte sich auf dem Mitteldeck beim Niedergang an das Schiff. Jeder versuchte bei dem Seegang irgendwie festen Boden unter den Füßen zu behalten. Rudergänger und Ausguck waren Posten, die es natürlich trotzdem zu besetzten galt. Diese durften sich dann vor der Brücke mit dem eisigen Wind rumschlagen. Wir waren, glaube ich, alle froh abgelöst zu werden und ein wenig zu schlafen, bis es heute früh um 08:00 wieder losging.
Heute Morgen wurde ich mit einem herrlichen Frühstück mit Spiegelei und gebratenem Speck geweckt. Als ich dann hoch bin zur Wachablöse, empfing mich das nächste Extrem auf See: ein Schneegestöber, welches sich im Verlauf der Wache zu einem richtigen Schneesturm entwickelte. Zum Glück gab es die sogenannten Strecktaue, um über das schneebedeckte glatte Deck nach achtern zu kommen, um die völlig zugeschneite 04-08 Wache abzulösen. Nachdem das geschehen war, durften wir auf dem zugeschneiten Deck die Rahen brassen, um dem Wind zuvorzukommen – dieser hatte nämlich gedreht und drohte noch ein Segel zu zerreißen. Man kann sich vorstellen wie rutschig das war. Nachdem es dann gegen Ende der Wache aufgehört hatte zu schneien, befreiten wir das Deck so gut es ging mit Schrubbern und Kehrblechen von Schnee und Eis. Sowas hatte die Alexander von Humboldt noch nie erlebt. Zum Mittag gab es dann Königsberger Klopse. Danach ging es ab auf den Bock Wunden lecken.
Jetzt heißt es für mich wieder warm anziehen für meine nächste und damit auch letzte Wache auf See mit der Alexander von Humboldt.
Liebe Grüße von der Alexander von Humboldt II Obergefreiter Roman Bust, HS 32