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35422 – 11.12.2022 – Von Unten nach Oben, wird alles geboten

Liebe ALEX-Freunde,

 

sicherlich freut Ihr Euch wie ich über die neusten Berichte, Tratsch und Klatsch von der ALEX II. Daher nun mal wieder das Beste zwischen Maschine und Brücke. Fangen wir unten an und steigern, uns nicht nur räumlich, dann nach oben.

 

In der Maschine werden seit einigen Wochen vermehrt neue Techniker eingewiesen. Diese werben wir von anderen Schiffen ab, oder aus der freien Wirtschaft. Manchmal gelangt aber auch das ein oder andere Decksmitglied zu der Erkenntnis, dass der Maschinenbereich nicht nur sehr interessant und wichtig ist, sondern, dass es dort auch nette Menschen gibt. Jetzt nicht, dass wir den ganzen Tag nur Klönschnack betreiben würden, wir arbeiten dort tatsächlich auch.

Also, wie gesagt, wir lernen dort geraden den dritten neuen Techniker an und werden auf dieser Reise noch viele Einweisungen vornehmen. Sehr hilfreich dabei sind unsere Wartungsaufträge. So hat heute der neue Elektriker das ganze Schiff durchstöbern dürfen bis er alle Notbeleuchtungen gefunden hat, und somit natürlich jeden öffentlichen Raum kennenlernen durfte. Vermutlich hat er damit schon mehr Räume betreten, als manch altgefahrener Matrose. Morgen darf er sein Wissen darin verstärken, dass alle Feuerschutztüren zu kontrollieren sind. Da haben wir eine wahre Auswahl!

Wir haben, A, B, und C-Türen. Dann haben wir 15-, 30- und 60-Türen. Und wir haben Türen, Schotten und Luken. Ihr seht die Auswahl ist groß und es gibt immer was zu entdecken. Jetzt werden sich einige von Euch fragen was eine B30-Tür ist? In der bautechnischen Schiffsicherheit wird die Brandbeständigkeit der Wände und Türen mitberücksichtigt. D.h. es wird vor dem Bau des Schiffes bestimmt und berechnet wie lange eine Tür oder eine Wand welchem Brand standhalten soll. Damit wird versucht den Brand lokal einzudämmen und ein Übergreifen auf andere Bereiche und Abschnitte zu verhindern. Eine 30-Tür soll also einem Feuer 30 Minuten standhalten. Eine Klasse A Tür muss entsprechend heißerem Feuer standhalten als eine B-Tür. Wer mehr wissen möchte, darf sich gerne an Bord beim Kapitän das Buch FFS ausleihen. Eigentlich eine gute Lektüre für die Nachtwache.

Während also unser Elektriker mit den regelmäßigen Wartungen und dem Kennenlernen des Schiffes beschäftigt ist, tobt sich unser Maschinist an seinen Schleifsteinen aus. Sowohl die Kombüse als auch die medizinische Besatzung freuen sich über geschärfte Messer und Skalpelle sowie über das ein oder andere reparierte Gerät.

Der Leitende Ingenieur bekommt indessen eine Einweisung in das neue Wartungsprogramm. Dieses bündelt alle anstehende Wartungen, offene Arbeiten, Werftpunkte, Bestellung und unser Ersatzteillager und ermöglicht so einen Überblick. Der LI ist fleißig damit beschäftigt alle roten Punkte und fällige Arbeiten abzuarbeiten bzw. abarbeiten zu lassen und freut sich über jeden grünen Punkt wie ein Schneekönig. Die Verbesserungsvorschläge werden immer detaillierter. So arbeitet er gerade an einer Programmierung, die Daten aus mehreren Programmen zu transferieren. Einem Jedem das, was einem liegt.

Das hat heute auch die Kombüse bewiesen. Unser Bäcker hat gestern angefangen, zehnmal den gleichen Teig anzusetzen. Was unser Bäcker kann, findet leider seine Grenzen an der Knetmaschine. Die ist mit drei Kilogramm Mehl vollausgelastet. Aber der Bäcker hat nicht nur zehn Mal den gleichen Teig angesetzt, sondern nebenbei einige leckere Roggenmischbrote und Knäckebrote für das Mittagessen sowie frische Baguettes, die es überbacken zum Frühstück gab, gebacken. Ihr fragt Euch jetzt sicherlich, was er mit den zehn Teigen á 3 kg Mehl gemacht hat? Daraus wurden Fladenbrote und zwar über 40 Stück. Diese gab es mit Hackfleisch a la Gyros oder Gemüse gefüllt zum Abendessen. Ach so, neben bei gab es noch zwei Geburtstagskuchen und selbst gemachte Schokolade. Falls ihr immer noch nicht wisst, wer unser diesmaliger Bäcker ist, hier noch ein letzter Hinweis. Sein Motto lautet „Der Kuchen geht nie aus.“

Auch unser Chefsmut zeigt täglich was in ihm steckt. Das tut er auf zweierlei Weise. An Deck demonstriert er gerne wie der deutsche Standardtourist auszusehen hat. Weiße Tennissocken in Sandalen, mit Hütchen und Gürteltasche bewaffnet und auf dem Sonnendeck anzutreffen. In der Kombüse wirbelt er dafür wie ein Meisterkoch herum, um diese hungrige Meute, die sich Besatzung nennen, satt zu bekommen.

Währenddessen kämpft unser Verwalter einen ganz eigenen Kampf. Wir bewegen uns gerade verbindungstechnisch an der Schnittstelle zweier Versorgungsbereiche. Dadurch funktioniert unser Internet für ein paar Tage nicht. Es kann also gut sein, dass Ihr den Tagesbericht erst später bekommt. Der Support meint dazu nur, wir mögen bitte einen anderen Kurs einschlagen. Wir bewegen das Schiff gerne nach allem Möglichen, nach dem Wind, nach der Strömung, nach der maritimen Flora, nach der kürzesten Strecke und der längsten, nach der Temperatur im Wasser, um den idealen Badebereich zu finden, nach dem besten Salzgehalt für die Umkehrosmoseanlage, und und und … Aber wir werden das Schiff nicht nach so neumodischen Kram wie dem Internet ausrichten. So, das musste mal gesagt werden. Schließlich sind wir ein Traditionsschiff.

Auf der Brücke haben sich die Schmi(d)t(t)s breitgemacht und die Navigation an sich gerissen. Es werden noch geheime Pläne geschmiedet wie wir doch nach St. Helene kommen könnten. Aber der Kapitän hat eine scharfe Nase und lässt uns da nicht hin, was sehr schade ist. Vielleicht nächstes Jahr. Ansonsten ist die Arbeit auf der Brücke gut verteilt. Die Korrekturen der Karten und Bücher laufen, die Funkgeräte werden regelmäßig getestet und der Erste findet immer wieder neue Sicherheitsübungen, die wir durchführen dürfen.

Da die Wachen aus zwei Halbwachen bestehen, vergeht die Zeit während der Wachen immer sehr schnell und der Ausbildungsstoff wird auch für den Stamm einprägsamer, da dieser mehrmals vorgetragen wird.

Jetzt habt ihr so einen kleinen Überblick über die internen Abläufe erhalten. Und wo sind wir nun eigentlich? Da wo’s blau ist. Dieses Blau kennen nur die, die schon Mal über den Atlantik gesegelt sind. Das ist ein Blau, welches nur bei einer Wassertiefe über 4000 m entsteht. Da kann man drin versinken und sich drin verlieben. Diese Blau zieht einen immer wieder an. Und genau da sind wir.

 

So weit zu einem kleinen Überblick an Bord. Wenn ich nicht durch einige wichtige Projekte abgelenkt werde, werden noch weitere Berichte folgen.

 

Viele Grüße in die Rhön,

Katrin

 

Törn:                             354.22

Datum:                          11.12.2022

Mittagsposition:             80 sm SW von Mindelo

Das Wetter:                   Sonnig bei 26°C, wenige Wolken, Badetemperatur im Wasser und angenehme Kühlung unter Deck