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35022 – 25.10.2022 – Zwischenbericht CAF-2022/23

Zwischenbericht CAF-2022/23

 

Dienstag, 25.10.22

Seit 10 Tagen sind die Schülerinnen und Schüler von Class Afloat an Bord der Alex und seit 5 Tagen sind wir Unterwegs in Richtung Lissabon. Zeit für einen Zwischenbericht.

Der Samstagmorgen beginnt mit dem obligatorischen allgemeinen Wecken, um 9J00 Uhr treffen wir uns zur Crewbesprechung bezüglich CAF, verteilen letzte Restarbeiten und die Aufgaben der Sicherheitsrolle. Die Ankunft der SchülerInnen ist zwischen 13:00 und 15:00 Uhr geplant somit genießen wir am Vormittag die Ruhe vor dem Sturm und sind schon sehr gespannt auf unsere Gäste.

Als pünktlich um 14:00 Uhr der Bus aus Holland auf den Hof der Firma Kloska fährt, versammelt sich fast die gesamte Crew an Deck um einen ersten Blick auf unsere neuen Trainees zu werfen. Neben der ganz normalen Aufregung wenn man zum ersten mal an Bord kommt, scheinen die meisten mindestens so gespannt wie wir auf dass, was da auf sie zukommt. Nach dem obligatorischen Coronatest steht zunächst das beziehen der Kammern auf dem Plan, bevor sich alle um 17:00 Uhr in der Messe versammeln und von Kapitän Klaus, Staff- Kapitän Joachim und Ship Bord Direktor David begrüßt werden.

Weiterhin stellt Joachim den SchülerInnen sein Konzept und erste Regeln für die gemeinsame Zeit an Bord vor und betont dabei besonders, dass Stammmannschaft und Class Afloat zu „einer großen Crew mit unterschiedlichen Aufgaben“ zusammenwachsen sollen. Wir sind gespannt ob uns das gelingen wird.

Außer dem Abendessen sind für heute keine weiteren Aktivtäten geplant, da er größte Teil der Stammmannschaft zu Anjas Abschiedsparty geht. Mit der Zuteilung der Wachen beginnt am Sonntagmorgen die Sicherheitseinweisung für Class Afloat, während ein kleiner Teil vom Stamm damit beschäftigt ist die neu angeschlagenen oberen Stagsegel beizuzeisern. Für den Nachmittag stehen dann noch Probesetzen einiger Segel und die Riggeinweisung auf dem Plan. Vor allem letztere zaubert ein Leuchten in die Augen vieler Trainees, die es kaum erwarten können endlich mit uns auf die Masten zu klettern.

Am Abend findet für Stamm und Lehrer noch eine Vorstellungsrunde im roten Salon statt, bei der wir uns kennenlernen und uns über die einzelnen Aufgaben an Bord bzw. bei CAF austauschen.

Die nächsten 3 Tagen stehen ganz im Zeichen von Sailtraining. Wir setzen Segel, klettern ins Rigg, Brassen, laufen Rahfallen aus, üben das belegen und werden nicht müde den Schülerinnen und Schülern die deutschen Tampennamen und Kommandos beizubringen. Diese scheinen auf den ersten Blick sehr motiviert und die meisten sind sehr daran interessiert von uns zu erfahren, wie man so ein großes Schiff sicher über die Weltmeere steuert.

Zwischen den ganzen Unterrichtseinheiten bereiten wir weiterhin das Schiff auf die große Reise vor indem wir Restarbeiten der Werft erledigen, Unnötige Sachen von Bord tragen und einen ganzen Nachmittag lang Proviant stauen. Dabei starten wir unsere erste kleine Decksparty, denn als wir damit beginnen Musik über eine Bluetooth Box abzuspielen, singt und tanzt die ganze Kette von der Gangway über das Deck bis zum Niedergang und wir haben sehr viel Spaß zusammen. Besonders gefällt mir dabei, dass die Mädels und Jungs selbständig die Positionen durch wechseln um diejenigen auf den Niedergängen zu entlasten.

Bisher kann ich noch nicht erkennen, dass die Jugendlichen unmotiviert seinen so wie es mir vom letzten Jahr mehrfach berichtet wurde.

Am Donnerstag Nachmittag erfahren wir, dass eine Schülerin leider von Bord gehen muss. Darunter leidet die bisher sehr gute Stimmung merklich. Viele liegen sich in den Armen und weinen bzw. möchten für sich sein und auch wir vom Stamm sind etwas geknickt obwohl wir die Trainees erst seit wenigen Tagen kennen. Irgendwie sind sie uns in dieser kurzen Zeit doch schon ans Herz gewachsen.

Nach dem Abendessen heißt es dann endlich „Leinen los“ mit Kurs auf Esbjerg zum Bunkern und für uns von der 8 – 12 steht die erste Seewache an. Während dieser setzen wir die ersten Segel, was sich als schwieriger erweist als erwartet. Zum einen frischt der Wind ziemlich auf und zum anderen gehen die Schüler immer nur 2 Std. Wache, weshalb wir nur „mit halber Kraft“ arbeiten können.

Gemeinsam mit dem ersten Teil der 0 – 4 Wache gelingt es uns beim Wachwechsel doch die beiden Untermarsen zu setzen.

Als Oberbackschafter habe ich am Freitag die Ehre, dass tags zuvor von David vorgestellte Backschaftsystem auszuprobieren. Dies ist notwendig, da die Schüler tägliche Unterrichtseinheiten haben und deshalb die Backschafer mehrmals am Tag wechseln bzw. von unterrichtsfreien Schülern ersetzt werden. Noch findet zwar kein Unterricht statt, trotzdem ist es gut das System jetzt schon einmal zu testen, denn die Idee von David ist, dass in einigen Wochen kein Oberbackschafter mehr benötigt wird und die anfallenden Aufgaben selbständig von den SchülerInnen übernommen werden.

Die See war auf unserer Reise bisher gut bewegt und Taron, unser Doc hat Tag und Nacht alle Hände voll zu tun die vielen Seekranken zu versorgen. Bisheriges Highlight war die Nacht von Sonntag auf Montag als wir bei der Einfahrt in den Englischen Kanal bei Windstärke 10, in Böen bis 12, kräftig durchgeschüttelt und sogar ein Stück rückwärts geschoben wurden. Wie bei allen Alex-Törns auf denen ich bisher dabei war sind die Wachen inzwischen schon richtig zu einer Einheit zusammengewachsen. Unsere Trainees sind nach wie vor hoch motiviert, sehr begeistert vom Segeln und beginnen selbständig damit sich den Tampenplan zu erschließen.

Die Sprachbarriere Deutsch – Englisch stellt dabei absolut kein Problem dar, im Gegenteil es kommt immer wieder zu Lachanfällen wenn bei der Tampenjagd z.B. nach der Fuck-Sheet (Fock Schot) oder dem Fuß-Assholer (Fuß-Ausholer) gesucht wird.

Alles in allem ist es eine wahre Freude mit den Jugendlichen Wache zu gehen und ich bin sehr froh darüber, dass ich die Möglichkeit habe noch weitere 5 Monate hier an Bord zu genießen.

Morgen in Cherbourg werden uns leider zwei unserer Topsis verlassen, weshalb viele der Trainees schon etwas traurig sind denn der Plan von Joachim ist auch in der kurzen gemeinsamen Zeit an Bord tatsächlich aufgegangen und wir sind zu einer Crew mit unterschiedlichen Aufgaben zusammengewachsen. Dies wird mir in einzelnen Gesprächen mit den Trainees auch immer wieder bestätigt. Eine der häufigsten Aussagen die ich bisher gehört habe war „it feels like weʼve all become one big Familiy –

es fühlt sich so an, als ob wir alle eine große Familie geworden sind.“