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184.21 – 18.07.2021 – Was für eine Nacht

Datum:   18.07.2021

Mittagsposition:   Östlich der Insel Aero, südöstlich von Skagen, vor Anker

Das Wetter:   Ca. 20 Grad, strahlend blauer Himmel

 

Was für eine Nacht

Ich werde wach und denke so bei mir, es ist doch schon hell draußen. Und meinem Wachzustand zufolge ist es auch nicht 6 Uhr und mein Biorhythmus von zu Hause hat mich geweckt. Was ist hier los? Ein Blick auf meine Smartphone-Uhr bestätige meine Vermutung: 07.45 Uhr. Ich wurde vergessen zu wecken. Um 0800 habe ich Wache und ich hätte um 0700 zum Frühstück aufbacken sollen. Schnell Zähneputzen und ab in die Messe. Es waren nur wenige da. Und an der Tafel stand: KEIN ALLGEMEINES WECKEN!

Der Grund war relativ klar. Der Wind hatte nicht nur gestern Nachmittag weiter ausgefrischt, sondern auch während unserer Wache. Gegen 2300 hatten wir konstant 7-8 Windstärken, in Böen auch schon mal 9. Das war heftig. Ich war der letzte Rudergänger von 2300 – 2400, wurde dann aber um 2345 von Kapitän Tilman am  Ruder abgelöst, da wir eine Halse fahren wollten. Gefahren hat die Halse dann Steuermann Michael Ippich und Kapitän Tilman gab die Anweisungen. Die Halse klappte tadellos und zügig. Kurz nach der Halse hatten wir einen kreuzenden Kurs mit einem Containerschiff, der bedenklich nahe an uns herankam. Mein fragender Blick zu Kapitän Tilman beantwortete dieser, dass er das Containerschiff anfunkt hatte und dass von dort die Antwort kam, „es würde ja reichen“. Es reichte auch. Aber ich fand es schon ziemlich knapp, mit welchem Abstand das Containerschiff vorne an uns vorbeifuhr. Puh …

Die 0/4er Wache war schon um 2330 an Deck und half uns bei der Halse. Kapitän Tilman sagte, dass wir auch gleich einige Segel bergen wollten und fragte, wer von der 8/12er Wache denn noch bleiben würde. Diejenigen von uns, die noch fit waren, blieben – ich auch. Die Kollegen halfen uns, wir helfen ihnen. Das gehört dazu, Ehrenkodex. Um kurz nach 0100 wurde die Maschine wieder gestartet. Letztendlich bargen wir alle Segel. Da ist „Action“ auf dem Schiff bei dem Wind. Dem Einen oder Anderen ging es auch nicht so gut dabei und die Schaukelei schlug ihm auf den Magen. Auch ich musste beim Segel bergen mal kurz an die Reling – natürlich auf Lee-Seite – und noch nicht gänzlich verdaute Essenreste und Flüssigkeiten der See preisgeben. Auch das gehört dazu. Danach ging es mir wieder gut und weiter ging es mit Leinen ziehen und Segel bergen. Großen Respekt habe ich vor den Kollegen, die bei diesen Bedingungen heute Nacht auf die Rahen geklettert sind und die Segel festgezeisert haben. Ich hatte auch überlegt mitzugehen, habe dann aber gepasst. Chapeau Kollegen!

Wir sind dann unter Morgen weitergefahren, bis wir die Insel Läsö erreicht hatten. Kurz vor 0400 fiel der Anker. Das habe ich aber schon nicht mehr mitbekommen, da ich gegen ca. 0130 – 0145 ins Bett bin und müde und erschöpft auch sofort eingeschlafen bin.

Heute Morgen haben wir einige Ausfälle zu beklagen. Deshalb war auch kein allgemeines Wecken, da wir hier bis gegen Mittag vor Anker bleiben und abwarten, wie sich das Wetter und vor allem der Wind entwickeln. Es sollten alle ausschlafen und sich erholen.

Jetzt gehe ich erstmal auf Wache – ich habe von 1000 – 1200 Ankerwache. Mal sehen was der Tag noch so bringt. Ihr werdet auf jeden Fall auf dem Laufenden gehalten …

Rainer Merkhofer