Datum: 06.11.2020
Mittagsposition: 54°27,6´N 014°10,3´E
Das Wetter: bewölkt, kühl, aber nicht zu kühl
Eindrücke von einem Offizieranwärter auf der Alexander von Humboldt II
Mein Tag, als Teil der 8 -12 Wache, der Vortoppwache, begann morgens um 07:00 Uhr mit dem Wecken durch die Großtoppwache, die von 4 – 8 Uhr steht. Anders als auf grauen Einheiten der Deutschen Marine unterscheidet sich der Wachrhythmus dahingegen, dass die Segelwachen ihre festen Wachzeiten haben.
Etwas schläfrig machte ich mich also leise, mit Rücksicht auf meine Nachbarkameradin, die sich in der 0 – 4 Wache, in der Besanwache, befand, auf den Weg ins Bad und ging danach fix zum Frühstück, wo ich auf die restliche Vortoppwache stieß, die bereits den köstlichen Kaiserschmarrn verdrückte. Bereits am Morgen werden wir täglich von den Smuts durch Leckereien verwöhnt, bei denen jeder Morgenmuffel einfach gute Laune bekommen muss.
Gestärkt für den Vormittag machte sich die Wache ein paar Minuten vor 08:00 Uhr auf den Weg zum Achterschiff, um in Ruhe dir letzten persönlichen Vorbereitungen zu treffen (wie z.B. das Anlegen warmer Bekleidung und des Topgurtes) oder alle nötigen Informationen der Vorwache zu erhalten (wie z.B. die Position des Schiffes, der aktuelle gefahrene Kurs, die gesetzten Segel und anstehende Manöver). Unmittelbar nach der Wachablöse besprachen sich Steuerfrau, Segeloffizier und Wachführer über die bevorstehende Lage. So stand schnell fest, dass zusätzliche Segel wie Fock- und Großsegel, sowie der Außenklüver gesetzt werden mussten, um trotz des schwachen Windes, der im Verlauf der Nacht abgenommen hatte, ausreichend Fahrt durchs Wasser machen zu können.
Nachdem ich am Ruder abgelöst worden war, machte ich mich mit dem anderen Enterpersonal klar zum aufentern und lösten dann zeitnah die Zeisinge der Fock- und Großrah. Für mich ist das Aufentern jedes Mal auf’s neue ein tolles Abenteuer, denn dort oben zu stehen ist einerseits, wegen der Absturzgefahr, eine gefährliche Arbeit, aber andererseits ist es einfach atemberaubend, mit meinen Kameraden Seite an Seite unsere Aufgaben zu bewältigen und, wenn auch nur kurz, die Aussicht zu genießen. Im Anschluss, nach dem Klardeck, stand nicht mehr viel an. Wir warteten auf die ablösende Wache und gingen danach zum Mittagessen, wo ein Seelachsfilet auf uns wartete. Als Alternative für die, die keinen Fisch aßen gab es Hähnchenratatouille und für Vegetarier ebenfalls ein eigenes Gericht, was ich richtig finde und die Smuts auch hierfür nur danken kann, so viel Arbeit auf sich zu nehmen.
Nach dem Essen hatte die Vortoppwache nun ausreichend Zeit sich zur Ruhe zu legen und um 15:00 Uhr erwartete uns, wie jeden Tag, Kaffee und Kuchen. (Wenn man da mal nicht dick wird)
Nachdem noch die Rolle Feuer zur Übung ausgelöst wurde, bei der es natürlich wichtig ist, dies in der Besatzung regelmäßig zu üben um im Ernstfall stets ausgebildet zu sein, ging es wieder zurück ans Seeesack nähen, wo wir durch Musik und entspannter Atmosphäre den Kopf mal ausschalten konnten. Das Ziel einen Seesack mit den dazugehörigen Stichen und Nähtechniken selbst anzufertigen finde ich persönlich eine tolle Sache, denn so etwas sind Dinge, die erstens aus eigener Hand hergestellt werden und man sich zweitens gern an die Zeit zurück erinnern kann, wenn die Jahre an einem vorbei gestrichen sind.
So schnell wie der Tag angebrochen war, endete er auch schon fast wieder. Wir gingen zum Abendessen, wo erneut eine warme Mahlzeit auf uns wartete und hatten dann ausreichend Zeit, um uns auf unseren zweiten und letzten Wachtörn des Tages vorzubereiten.
Maritime Grüße Julia W.