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Törn 34625 – Der Traum vom Segeln

Datum: 24.06.2025

Mittagsposition: querab Langeland

Das Wetter: bedeckt, leichter Regen, W7

 

Liebe Alex-Fans,

hin und her und vor und zurück – das war definitiv der schaukeligste Tagesanbruch an Bord der Alex 2 auf unserem Törn von Bremerhaven nach Kiel, einmal um Dänemark herum. Bereits der gestrige Tag hatte sich mit Windstärke 8, starkem Wellengang und einer spektakulären Szenerie an Deck verabschiedet. Ich war begeistert – so hab ich mir Segeln vorgestellt!

„14 Grad, kein Regen, aber jede Menge Spritzwasser“, warnte mich Matrose Horst von der Vorwache dann, als er mich um 3:30 Uhr zur 4-8 Wache weckte. Ich bin heute Nacht derart von links nach rechts gerollt und vor und zurück geschaukelt, dass ich träumte, auf dem Oktoberfest in meiner Heimatstadt München in einer Schiffsschaukel zu sitzen. Zumindest das Schaukeln war also wohl kein Traum. Das wird heut wohl spannend auf Deck … Die 12-4 Wache hatte in der Nacht Strecktaue gespannt, um sich an Deck festzuhalten und sichern zu können – auf dem Weg zur Wachübergabe war ich froh darum.

„Gude Wach“ und „Gude Ruh“ riefen wir uns wie immer lautstark zur Wachübergabe zu und halfen danach dann trotzdem noch kurz mit der 0-4 Wache zusammen, um das Voruntermarssegel schnell zu holen. Es musste genau wie das Vorstengestag- und das Besanstagsegel erst einmal weichen, weil der immer noch sehr starke Wind aus einer für unseren Kurs ungünstigen Richtung kam. Danach manövrierte uns unser Steuermann Willy mit der Hilfe von Matilda (die wir später kennen lernen sollten) durch ein Fahrwasser und an Tonnen, Tankern und Untiefen vorbei in die Richtung des Highlights unseres heutigen Tages, der Storebæltsbroen (Großer-Belt-Brücke) – Europas längster Hängebrücke zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seenland.

Vorher stand für uns in der 4-8 Wache aber noch Knotenkunde auf dem Plan: Acht, Palstek, Webleinstek, Stopperstek, Webleinstek auf Slip, Schotstek, doppelter Kreuzknoten. Ich bin froh, dass ich die Namen noch zusammen bekomme – mit der fehlerfreien Ausführung sieht es leider (noch) etwas anders aus. Aber Toppsi Inken hat uns den Lernprozess mit ihren Eselsbrücken und Bildern mal wieder deutlich erleichtert: Denn wer kann sich bitte ein Baby, das den Schal um den Hals und den Schnuller in den Mund bekommt (Acht) und eine Schlange, die aus dem See kommt und um die Palme herum muss (Palstek) nicht merken?!

Das Highlight des Tages, die Großer-Belt-Brücke wurde schließlich vom Kapitän per Schiffsdurchsage angekündigt und die ganze Belegschaft versammelte sich an Deck, um die Durchfahrt unter der 65 Meter hohen Brücke mitzuerleben und zu bejubeln – und natürlich zweifelte keine und keiner wirklich daran, dass unser Windsack ganz oben am Topp auch dran bleiben würde. {Aber bisserl knapp war’s schon… }

„Das ist der Vorhof zur Hölle, gleich gehen wir hinein. Sie heißt Matilda,“ scherzte Harald, als wir im Schaltraum vorm Maschinenraum standen. Harald führte uns heute hinter die Kulissen und stellte nicht nur Matilda vor, die Maschine, die die Alex 2 antreibt, sondern auch die Kläranlage, die Klimaanlage, die Rudermaschine, die Kühlräume, das Ersatzteillager, quasi den kompletten „Backstage Bereich“ der Alex2. Wir lernten, dass die Alex2 60 Kubikmeter Wasser und Treibstoff bunkern kann, Matilda das Schiff auf 11 Knoten beschleunigen kann, das Ruder hydraulisch funktioniert, die Alex2 1.000 Tonnen wiegt und ein Drittel davon allein im Bleikiel stecken. Und natürlich noch viel mehr.

Am Nachmittag nahm Inken mit uns dann noch Wende und Halse durch – und wieder ist ein Tag auf der Alex 2 vorbei, an dem so viel passiert ist, dass er sich wie mindestens zwei Tage anfühlt.

Auf geht’s jetzt zum Endspurt, zum großen Finale und zur Ankunft in Kiel.

Herzliche Grüße von Bord,

Bordberichterstatterin Kaddi, Kapitän Richard Tefsen und die ganze Crew