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TÖRN 139.19 – Position 10.08.2019

Tagesbericht 10.08.2019

Törn: 139.19

Datum: 10.08.2019

Mittagsposition: 52° 0,15` N – 11° 24,4` W, Atlantik westlich Irland

Das Wetter: bewölkt, zeitweise kommt Sonne durch, 17 Grad, Wind 7 Beaufor

Titel/Überschrift: Braaaaav, Grüne, brav!

Leider konnte ich mein Versprechen nicht wahr machen, täglich einen Bericht zu liefern. Gestern hat´s nicht geklappt – sorry. Aber jetzt kann ich berichten, dass wir bei prächtigem Segelwind – bis Stärke 9 aus West – nach Süden schippern. Wir lassen die irische Westküste hinter uns und gehen bald auf die „Direttissima“ Richtung Bilbao, wie Steuermann Bernd mir gerade sichtlich zufrieden sagt. Spanien liegt aber noch gute 600 Seemeilen (rund 1000 km) entfernt.

Kurz zu gestern: Die Irischen Nordküste entlang hatten wir insgesamt einen recht entspannten Törn. Nur in der Nacht war der Wind für ein paar Stunden auf 7 Beaufort aus Ost aufgesteift, so dass wir ihn von achtern hatten und flott voran kamen, allerdings zwischendurch auch bei kräftigem Regen. Die 4-8-Wache wurde ordentlich geduscht. Trotzdem kam Gerd mir glücklich strahlend entgegen: „Jetzt segeln wir!“ Oh ja, und wir andern rollten in der Koje von Backbord nach Steuerbord. Aber wir wollen das ja so. Irgendeinen Tick muss doch jeder haben. Danach aber kam dann der gemütliche Teil. Der Wind schwächte ab, drehte auf Nord und trieb uns gut voran, an der Nordwestspitze Irlands vorbei und noch ein Stück auf den Atlantik hinaus. Kapitän Klaus` Berechnungen über die Windrichtungen haben sich bewahrheitet, die augenblickliche Stärke in Spitzen bis 9 kommt wie erwartet aus West. Und das Barometer steigt. Das heißt, der Wind wird uns wohl noch einige Zeit erhalten blieben.

Im Augenblick segeln wir bei starker Backbordlage hoch am Wind. So eingeklemmt wie jetzt habe ich noch nie am Schreibtisch gesessen und einhändig geschrieben, weil ich mich mit der anderen festhalte. Der Rollhocker zum Sitzen ist in dieser Situation auch nur zweite Wahl….

Hinter mir fluchen Crewmitglieder, die die schwere Eisentür zum Aufgang ins Steuerhaus aufstemmen und dabei auf den Beinen bleiben müssen. Aber alle sind glücklich (bis auf ein paar, die seekrank in der Koje liegen –  unausweichliches Schicksal der Seeleute), denn wir stampfen mit 11 Knoten vorwärts. Dazu reichen bei diesem Wind die vier Marssegel, außerdem sind der Außenklüver, das Vorstengestagsegel und das Besanstag gesetzt – für die Laien: das sind Dreiecksegel am Bug und zwischen den Masten. Ans Ruder kommen heute keine Trainees – sonst eine Aufgabe, nach der wir uns drängen. Es ist einfach ein erhebendes Gefühl, einer so komplizierten Riesenmaschine die Richtung geben zu dürfen. Dazu sind bei diesem Wetter erfahrene Mitsegler gefragt, denn beim Rollen und Stampfen des Schiffs braucht es viel Erfahrung, auf die kurzfristigen Kursänderungen nicht zu hektisch zu reagieren. Ein guter Rudergänger, so hat Kapitän Klaus erklärt, ist bei diesen Windverhältnissen einen guten Knoten Geschwindigkeit wert. Die brauchen wir bis Bilbao, denn die Zeit ist knapp, und wenn Klaus weiter Recht behält, kommen wir wohl noch in eine Flaute.

Nachdem gestern wieder an allen Ecken der Alex gelehrt, gelernt und geübt wurde, heißt es heute in dieser Hinsicht “Ruhe im Sturm“.  Die Wachen leisten Schwerstarbeit, wenn ein Segel gesetzt, geborgen oder getrimmt werden muss. Und die Alex tut gelassen und stolz ihren Dienst. Unser Topsi Julia hat in ihrem Leben an Land einen Pferdehof. Sie verleitet mich zu dem Kalauer: Braaaav, Grüne, brav!

Es grüßt von Bord der Alex-2 für die ganze Crew

Wolbert