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07.01.2022 – Aus dem Leben eines Expansionsbehälters

Hallo liebe Leser,

vielleicht haben Sie mich schon mal aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Aber leider bin ich so unscheinbar und werde gerne übersehen. Auch bin ich nicht so am Nörgeln wie manch andere Anlage, so dass ich nie Streicheinheiten bekomme.

So für alle die, die nicht wissen wer ich bin und wo ihr mich finden könnt, hier eine kleine Beschreibung meiner selbst.

Ich bin rot und habe einen Durchmesser von etwa 50 cm, so wie ein komfortable Höhe von 40 cm. Ihr seht ich entspreche exakt dem heutigen Schönheitsideal. Ich bin im Hilfsaggregateraum beheimatet und arbeite für den Kaltwassersatz. Das ist ein sehr unangenehmer Chef, weil er hinterhältig meckert und alle an der Nase herumführt. Seine Streiche sind erst nach Stunden zu bemerken. Mein Lieblingsplatz ist auf Höhe von 0,70 cm, eigentlich ideal, dass sich diese komischen Techniker das Knie bei mir anstoßen müssten, leider liegt dieser Platz direkt neben dem Maschinenraumschott, so dass mich doch keiner bemerkt.

Da der Kaltwassersatz Tag und Nacht durcharbeitet, gibt es auch für mich keine Ruhe. Aber der segeltechnische Tagesablauf sorgt für eine gewisse Abwechslung.

Um kurz nach Mitterwach kommen im halb-stunden Rhythmus irgendwelche jungen Leute vorbei, die kurz ihre Nase zur Tür hereinstecken. Es sind auffällig viele junge Leute, nichts im Vergleich zu anderen Törns. Aber ich werde ja auch nie jemanden vorgestellt. Regelmäßig zwischen zwei und vier Uhr morgens läuft unser schlaftrunkener Chief kopflos an mir vorbei, natürlich nur um nach dem Kaltwassersatz und der Umkehrosmoseanlage zu schauen, die auch glatt ihre Streicheinheiten abbekommen.

Um kurz nach sieben steigert sich dann die Abwechslung. Ich schließe jeden Tag Wetten ab, wer wann von wo kommt. Heute war es Fred, der zuerst durch das Maschinenraumschott an mir vorbeilief. Danach kam Peter mit einem Messgerät von der Werkstatt rein, überlegte kurz und war wieder verschwunden. Kurz vor halb acht kam nochmal der Chief, endlich in ordentlichen Arbeitskleidern und verteilte überall zärtliche Streicheleinheiten, nur ich habe wieder keine bekommen.

Dann tut sich erstmal lange Zeit nichts, außer, dass die Umkehrosmoseanlage mal wieder überall Wassertropfen hinterlässt. Ah, da kommen Fred und Peter wieder. Die halten diese wasserschleudernde Anlage an und machen sich an irgendwelche Dichtungen zu schaffen. Glauben die wirklich diese Anlage dicht zu bekommen? Ich habe ja schon so manchen Maschinisten und Elektriker daran verzweifeln sehen. Natürlich kommt jetzt erstmal die Kaffeepause. Ah, da sind sie wieder und den Chief haben sie auch mit dabei. Jetzt versuchen alle drei sich an der Anlage. Nee, stopp, die fahren die Anlage hoch, und siehe da, sie macht schon wieder Krach. Oh, wie ich diese Hochdruckpumpe hasse. Aber es scheint keine Leckage mehr zu geben.

Zur Mittagsrunde schaut Peter nochmal vorbei. Hat aber mal wieder kein Auge für mich, dabei trägt er doch schon eine Brille. Oje, wo soll das hinführen? Am Nachmittag wird es ruhiger. Vermutlich steppt mal wieder im vorderen Schiffbereich der Bär. Oh, da ist der Chief, die schaut öfters Mal vorbei. Damit tut sie ganz recht, ich traue dem Kaltwassersatz auch nicht über den Weg und ich weiß, von was ich rede.

Am späten Nachmittag sehe ich Fred nochmal mit einem Funkgerät. Der ist ganz bestimmt wieder nur an irgendwelchen Sicherheitstests interessiert. Aber leider nicht an mir. Das ist so traurig. Nun wird es auch wieder Abend und ich freue mich schon auf die jungen Gesichter. Die sollen ruhig mal ganz vorbeischauen. Und natürlich kommen auch meine drei Techniker wieder auf ihrer Abendrunde vorbei. Dann war’s das wohl für heute. Wieder einer der 3.875 Tage ohne Aufmerksamkeit. Ich weiß nicht wie lange ich das noch mitmachen soll. Vielleicht explodiere ich ja eines Tages oder ich laufe ganz blau an, um auch eine Streicheleinheit zu bekommen.

Ich soll noch liebe Grüße von der Maschinistencrew an den rheinischen Westerwald, die Haßberge und die Rhön schicken.

Euer Expansionsbehälter.

Viele Grüße von Peter, Fred und Katrin

 

Törn:                                    324.21

Datum:                                07. Januar 2022

Mittagsposition:              07° 42,3‘ N 049° 22,8‘ W

Das Wetter:                      Draußen: Keine Ahnung,

Im Hilfsaggregate Raum: Lufttemperatur 25°C, Luftfeuchtigkeit 20 %, Wassertemperatur 24°C, Dauerbeleuchtung, Lärmpegel hoch