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14624 – Entlang Dänemarks & Norwegens Küsten nach Schweden

Tagesbericht

Törn:                                    14624

Datum:                                11.06.2024

Mittagsposition:              53°57‘ 8“ N   7° 57´1“

Das Wetter:                      Wind: N 5 Bft, bewölkt, Regenschauer, diesig, 14°C, Wellenhöhe 1,5 bis 2 m

Der zweite Tag

Viele Trainees habe schon ihren ersten Tag an Bord der grünen Bark ALEX II beschrieben, deshalb erzähle ich euch heute von meinem zweiten Tag. Die alles bestimmende Wacheinteilung hatten wir Trainees bereits am ersten Tag an Bord bekommen. Mein Wunsch war in Erfüllung gegangen – ich war der Wache von Mitternacht bis vier Uhr morgens und von Mittag bis vier Uhr nachmittags zugeteilt worden.

Nachdem wir nachts auf der Reede von Blexen in der Weser vor Bremerhaven vor Anker gelegen haben, konnten bis auf die Wachoffiziere und die Ankerwache alle Leute nach dem aufregenden ersten Tag an Bord noch einmal ausschlafen. Nach dem üppigen Frühstück hievte die Stammbesatzung den Anker auf und die Reise nach Göteborg begann. Wir glücklichen Wachfreien genossen erst einmal das Schauspiel der Wolken und Wellen und sahen der Vormittagswache interessiert bei den ersten Arbeiten zu.

Mit dem Spiel der Wellen war es so eine Sache, denn sobald wir die Insel Mellum mit ihren gefürchteten Sänden westlich, also links, liegen gelassen hatten, stieg die Wellenhöhe von gut einem auf zwei Meter, die ALEX II verneigte sich nach dem Passieren jeder Welle vor Poseidon und die ersten Mitfahrer spendeten dem Gott der Meere ihren Tribut. Aber der Regen wurde zu vereinzelten Schauern, die Sonne brach durch die Wolken und meine Vorfreude auf die erste Wache stieg. Ich habe das große Glück, von der Seekrankheit normalerweise verschont zu bleiben.

 

Pünktlich um 12:00 Uhr traten wir auf dem Poopdeck, hinter dem Großmast, an zum Wachwechsel. Gleich ging es los – unser Toppsmatrose, auf der ALEX II kurz Toppsi genannt, wies uns „Frischlinge“ an, die jeweils fünf Rahen an Fock- und Großmast zuerst anzubrassen, das heißt so zu stellen, dass die daran später gesetzten Segel optimalen Vortrieb generieren. Eine schweißtreibende Arbeit, nach der die jeweiligen Taue, ordentlich in Buchten gelegt, wieder an ihren Platz auf der Nagelbank zurückgehängt werden müssen, damit sie für das nächste Manöver bereit sind. Das Ziehen erfordert nur Kraft, aber das ordentliche „Aufschießen“, wie der Seemann dazu sagt, ist eine Kunst, die unser Toppsi und die beiden Matrosen erst einmal erklären mussten.

Kaum hatten wir uns von diesen Anstrengungen erholt, ging es ans Setzen der vier Marssegel, jeweils ein Unter- und ein Obermarssegel pro Mast. Wieder hieß es ziehen, ziehen was die Armmuskeln hergaben, um danach die Kunst des Aufschießens zu üben, was dieses Mal schon leichter fiel. Zum Abschluss wurde noch das große Vorstengestagsegel gesetzt, das innerste der dreieckigen Vorsegel auf dem Bugspriet. Das ist das Rohr, das vorne aus dem Rumpf größerer Segelschiffe herausragt.

 

Das Wetter war besser geworden, die Sonne hatte die Regenwolken fast verdrängt und die charakteristischen grünen Segel der ALEX II blähten sich stolz im Wind. Wir waren stolz auf unsere Arbeit und fühlten uns schon ein ganz kleines bisschen als Seeleute.

 

Herzliche Grüße von Bord

Christine Hieber