Datum: 20.01.2021
Wetter: 2°C, 4 Bft S, bewölkt
Ausgeschlafen im Kattegat
Nach einem Backschaftertag konnte ich für den heutigen Tagesdienst mal ein bisschen fehlenden Schlaf der letzten Nächte nachholen. Denn der Spülidienst am Vortag endete mit dem Spülen der Abendbrot-Backschaft gegen 19:30 Uhr. Somit konnte der Bock am Vorabend früh bezogen werden und der frühe Vogel weckte mich gegen 07:00 Uhr und alle Kameraden der 8-12er Wache (erneut) im südlichen Kattegat. Ein Blick aus dem Bullauge verhieß auch an diesem Morgen eine graue Waschküche mit ordentlichem Wellen-Waschgang. Also schnell den Morgentoilette durchgeführt und warme Bekleidung und Ölzeug für die aufziehende Wache breitgelegt. Es ist schon ein schöner Moment am Morgen sich an den durch die Backschaft lecker gedeckten Tisch zu setzen und die frischen Brötchen mit reichlichen Zutaten zu genießen.
Die Morgenmusterung beginnt um 08:00 Uhr auf dem Achterdeck und wir schauen in die müden Augen der abziehenden Wache. Mit einem lauten „Gute Ruh“ verabschieden die die Kameraden in den Bock und gönnen ihnen die kurze Pause bis zum Beginn des Tagesdienstes um 10:30 Uhr. Dafür habe ich heute die Ehre die Kameraden mit einem „Moin, moin Hamburg“-Lied und einem 3-fachen „A-Reise“ in den Tag zu begrüßen. Mit dem dritten Glasen um 11:00 Uhr darf ich dann endlich wieder ans Ruder. Es ist ein großartiges Gefühl diese 60 Meter Bark durch die Wellen hart am Wind zu steuern und die Kameraden beim Feinbrassen zu beobachten. Einmal mit kurz Anluven den Druck aus der Fock genommen, die Backbordschot der Fock nochmal hart nachgeholt und schon ist ein halber Knoten und fünf Grad Höhe rausgeholt. Die Ausbilder freuen sich zusammen mit der 8-12er Wache über das gelungene Manöver. Noch schnell das Deck für die Ablöse aufgeklart und dann mit Grinsen auf dem Gesicht und kalten Fingern ab zum Mittag.
Am Nachmittag geht der Tagesdienst nach kurzer Ruh mit dem Nähen des Seesackes weiter. Wir werden nach Strich und Faden bewertet und kommen gut voran um am Ende ein schönes Erinnerungsstück an unsere erste richtige Seefahrt in den Händen zu halten. Nicht alle Nägel sind schon drin und somit müssen wir am Nachmittag noch weiter für das tägliche 10 von 10 üben.
Das reichhaltige Abendbrot um 17:00 Uhr gibt Kraft für die anstehende nächtliche Halse. Extra warm gekleidet gehts um kurz vor Acht zur Ablöse und rein in eine weitere kalte Nacht. Anfangs fällt die Orientierung noch schwer. Zum Ende der Wache finden wir aber auch den richtigen Tampen am richtigen Nagel. Mit kräftigen Zügen am Groß werden zunächst die nicht gefahrenen Rahen auf Vierkant gestellt. Über Großmast auf Topmast werden dann die unteren Segel rundgeholt und dann wieder von vorn nach Achtern die Rahen feingebrasst. So langsam kommt trotz der geringen Sicht auch Geschwindigkeit in die Ausführung der Manöver. Kaputt und glücklich gehts dann um Mitternacht mit einem Duschbier in die Dusche und ab ins Bett.
Ein weiterer schöner Tag mit Wind, Welle, Regen und Kälte geht zu Ende.
Es grüßen von Bord der „Alexander von Humboldt II“
OGefr. (OA) Esser, Kapitän Immo von Schnurbein und die gesamte Besatzung.